- 1846: Johann Peter und seine 4 Kinder
beantragen ihre Ausreise. Katharine erst mal
nicht, warum auch immer.
- 1848: Johann Peter stirbt. In den USA? Was
passiert mit den Kindern?
- 1857: Katharine kommt nach. Warum erst
jetzt?
- 1866: Sohn Johannes taucht als unehelicher
Vater in Zell im Odenwald auf
- 1870: Sohn Peter taucht bei seiner ersten
Ehe in Dorstadt im heutigen Niedersachsen auf
Leider fanden sich auch bei intensiverer
Recherche, auch in deutschen physischen
Archiven, bislang keine weiteren Dokumente, die
den Aufenthalt in den USA belegen, und schon gar
keine Hinweise, wo sich die Familie dort
aufgehalten hat.
DNA-Test
Dann habe ich einen DNA-Test bei Ancestry
gemacht. Heraus kam dabei ein sogenanntes Match
von 26 cM mit einem Amerikaner mit dem Nachnamen
Hertel, was in etwa für einen Cousin 4. Grades
spricht. Und besser noch, dieser Verwandte hatte
tatsächlich einen eingewanderten William in der
Familie. Und es gab keinen Hinweis, dass der
Match eventuell über eine andere Linie kommt.
Dieser William Hertel tritt auch erst gegen
Ende der 1860er Jahre so richtig in Erscheinung
(genau wie seine potentiellen Brüder). Er ist
mit einer Elisabeth Boss, auch in Deutschland
geboren, verheiratet und hat viele Kinder. Über
sein Geburtsjahr gibt es in den Volkszählungen
sowie seiner Sterbeurkunde unterschiedliche
Aussagen, die zwischen 1845 und 1849 liegen -
ersteres würde ja sogar exakt passen. Er bewegt
sich in dieser Zeit von New York über New Jersey
nach Pennsylvania.
Sein Leben vor Ende der 1860er Jahre liegt
allerdings auch wieder im Dunkeln - es gibt
keine Hinweise auf seine Eltern, allerdings soll
er aus Hessen stammen. Er soll auch erst 1866
oder 1867 eingewandert sein, was gar nicht
passen würde - aber es fragt sich halt, ob diese
Angaben, die bei der Volkszählung gemacht und
letztlich nicht überprüft wurden, richtig waren.
Der DNA-Test spricht dafür, dass dies Wilhelm
Härtel, Bruder von Johannes ist, die konfusen
Daten nicht unbedingt dafür, aber immerhin auch
nicht dagegen.
Ehe-Protokolle
Der nächste Schritt war der Fund des
sogenannten Ehe-Protokolls zwischen Johann Peter
Härtel und Katharine Stumpf.
Im Gebiet der Grafen von Isenburg gab es auch
im frühen 19. Jahrhundert schon die sogenannten
Ehe-Protokolle, das war quasi eine frühe Form
der standesamtlichen Heirat. Breitenborn gehörte
zum Amt Wächtersbach. In den dortigen
Ehe-Protokollen, welche bei FamilySearch
abrufbar waren fand sich die Ehe aber nicht -
dafür allerdings in den Ehe-Protokollen des
benachbarten Amtes Meerholz!
Die Ehe wurde am 2.12.1834 staatlich genehmigt.
Katharine wurde am 23.5.1817 als Tochter von
Michael Stumpf in Niedergründau geboren.
Interessanterweise ergab sich bei der nunmehr
möglichen Erforschung ihrer Vorfahren, dass auch
dort nach name "Boß" auftaucht - wie bei der
Frau von William Hertel. Zufall?
Meldeunterlagen Darmstadt
Ein kleinerer nächster Schritt ergab sich
dadurch, dass die Melderegister der Stadt
Darmstadt seit 1810 (!) auf FamilySearch
zugänglich sind. Eine Durchsicht ergab, dass
Johannes - der ja in Darmstadt geheiratet hat -
auch dort zu finden ist und zwar tatsächlich im
Jahre 1869, wo er unter anderem eine
"Verdienstbescheinigung" vorlegte, wohl um
heiraten zu können.
Daher ist bekannt, dass er zumindest 1869 in
der Maschinenfabrik und Eisengießerei Darmstadt
arbeitete, eine durchaus größere Fabrik, die
unter anderem Eisenbahnen baute! Möglicherweise
lässt dies den Schluss zu, dass er ein
"Fabrikarbeiter-Typ" war.
Leider ergaben sich aus der Akte keine
vorherigen Wohnsitze. Der aktuelle Wohnsitz war
der Landwehrweg 1 in Darmstadt, wahrscheinlich
eine Werkswohnung, da in der Nähe der Fabrik
gelegen. Desweiteren wird der Umzug nach
Gräfenhausen vermerkt, der offensichtlich am
9.6.1869 stattfand.
Meldeunterlagen Gräfenhausen
Also habe ich die Meldeunterlagen aus
Gräfenhausen angefordert. Die wurden dann auch
gefunden. Leider sind die voller Fehler,
offensichtlich hat man es damals noch nicht so
genau genommen mit den Angaben. Viele
Altersangaben sind nicht ganz korrekt. Die
Anmeldung erfolgte wohl am 16.6.1870, die
Abmeldung nach Schneppenhausen dann am 3.3.1875.
Da verwundert es auch nicht, dass es vorheriger
Wohnort wieder nur "Breitenborn" erwähnt wird,
was sicher nicht der letzte Wohnort war,
mindestens Darmstadt und Zell werden
unterschlagen.
Dafür gab es noch eine kleine Überraschung:
Getraud Müller geb. Göttmann, also die Mutter
von Johannes Härtels Frau Anna Eva Müller, ist
mit nach Gräfenhausen gezogen (in den
Meldeunterlagen fälschlich als "Getraud Härtel"
bezeichnet) und dort offensichtlich zwischen
Anmeldung und Abmeldung verstorben. Damit konnte
der Sterbeeintrag für diese Ahnin am 26.2.1874
gefunden werden (nach einem kurzen Schlenker mit
einer weiteren Gertraud Müller aus Zell, die
1871 ebenfalls in Gräfenhausen verstorben ist),
womit immerhin ein weiteres Datum gefunden wäre.
Kirchenbuch-Einträge Breitenborn
Schließlich habe ich die Kirchenbuch-Einträge
für die Hochzeit von Johann Peter Härtel und
Katharine Stumpf sowie die Geburten von allen
vier Kindern erhalten. Um zu erklären, warum das
gar nicht so einfach war, muss man etwas weiter
ausholen.
Breitenborn Amt Wächtersbach hat - wie oben
bereits beschrieben - angeblich 1830 das
Kirchspiel gewechselt, von Spielberg zu
Waldensberg, beides Nachbardörfer. Die
Kirchenbücher von Waldensberg sind aber leider
im Zweiten Weltkrieg verbrannt.
Jetzt ist es aber so, dass seit 1808 sogenannte
Zweitschriften der Kirchenbücher geführt werden
mussten. D.h. alle Einträge wurden zweimal
gemacht, einmal im "normalen" Kirchenbuch und
dann noch mal in einem Buch, was jährlich an
staatliche Stellen abgegeben werden musste.
Ich habe bereits im Jahr 2000 versucht, die
Zweitschriften der Waldensberger Kirchenbücher
zu finden. Damals haben aber alle in Frage
kommenden Archive behauptet, diese Unterlagen
nicht zu besitzen.
Erst im Rahmen der aktuellen Such-Aktion habe
ich die Bücher eher zufällig im hessischen
Archiv-Informations-System Arcinsys Hessen
gefunden. Man findet sie jedoch NICHT mit dem
Suchstring "Waldensberg Zweitschriften", wohl
aber mit "Waldensberg Taufbücher" (oder
Traubücher oder Totenbücher).
Also habe ich Reproduktionen der Trau- und
Tauf-Einträge angefordert, was dann zu der
Aussage des Archivs führte, die Einträge seien
allesamt nicht aufzufinden und es sei nicht ein
einziger Härtel in den entsprechenden
Zweitschriften zu finden.
Letzteres konnte eigentlich nicht sein. Beim
Grübeln, WIE das sein kann, kam mir dann eine
komische Idee: Auch die Zweitschriften von
Breitenborn wurden zwar sicherlich vom Pfarrer
von Waldensberg geführt. Aber könnte es sein,
dass die als eigene Bücher geführt und abgegeben
wurden (was teilweise bei den Zweitschriften der
Fall war) und diese vom Amt dann quasi aus alter
Gewohnheit immer noch bei Spielberg abgelegt
wurden? Und heute immer noch da liegen?
Dies habe ich dann dem Archiv-Mitarbeiter
mitgeteilt und siehe da, die Idee war nicht
komisch, sondern genau die Rettung. Alle
Einträge wurden gefunden.
Die kirchliche Heirat fand am 26.12.1835 - also
über ein Jahr nach ihrer staatlichen
"Genehmigung" am 2.12.1834 - statt und die
Geburtsdaten aller Söhne sind:
- Christian Friedrich: 13.9.1836
- Peter: 19.10.1837
- Johannes: 20.11.1843
- Wilhelm: 15.12.1845
Wilhelm ist also, wenn auch knapp, nicht am selben
Tag geboren, wie der amerikanische "Kandidat" für
seinen Verbleib William Hertel, denn der soll laut
seiner Sterbeurkunde am 23.12. Geburtstag gehabt
haben (in welchem Jahr auch immer).
Die Paten von Christian Friedrich kamen aus
Hain-Gründau, wie auch die Mutter von Katharine.
Vielleicht ein Hinweis auf die Pflege-Eltern der
Vollwaise Katharine? Denn diese hatte ihren Vater
bereits mit 2 und ihre Mutter mit 7 Jahren
verloren.
Auch überraschend: Die kirchliche Hochzeit fand
laut Heiratseintrag in Spielberg statt. Außerdem
lässt ein Vergleich der Handschriften der
Erstschrift des Kirchenbuchs von Spielberg und der
Zweitschrift von Breitenborn vermuten, dass beide
vom selben Pfarrer geschrieben wurden. Und das
würde - auch in Verbindung mit der Ablage -
bedeuten, dass Breitenborn wahrscheinlich nicht
schon 1830, sondern erst 1849 von Spielberg nach
Waldensberg gewechselt hat - was natürlich nicht
ausschließt, dass die Erstschriften der
Kirchenbücher von Breitenborn zwischen 1830 und
1848 nach Waldensberg übergeben wurden und
trotzdem mit verbrannt sind.
Pfarrakten von Hornburg oder: Alles wieder
anders!
Wir waren mit dem Fund der Akten einen
Riesenschritt weiter mit der Familiengeschichte,
aber das Thema der Auswanderung, wer denn jetzt
wann mit wem zusammen ausgewandert ist, blieb
völlig im Dunkeln.
Irgendwann habe ich mir den Kirchenbucheintrag von
der zweiten Heirat von Johannes' Bruder Peter,
1874 in Hornburg (Nachbarort seines Wohnorts
Dorstadt) noch einmal genau angeschaut. Also der,
mit dem "alles anfing" mit der
Auswanderer-Geschichte. Da stand nämlich noch eine
Anmerkung hinter "auf Amerika gegangen und
verschollen" und zwar in Klammern "Attest lt.
Pfarracten".
Sollte dies heißen, dass Peter ein "Attest", also
einen Nachweis erbringen musste, dass seine Mutter
verschollen ist und sei es nur ein Brief des für
Breitenborn zuständigen Pfarrers? Und dass dieses
Attest in den Pfarrakten abgelegt wurde und
vielleicht heute noch existiert?
Ich fand heraus, dass für Hornburg die
Landeskirche Braunschweig zuständig ist und habe
deren Archiv kontaktiert und mein Anliegen
geschildert. Dort war man sehr hilfsbereit:
Tatsächlich existiert die Pfarrakte noch und ich
bekam in Rekordzeit einen Scan, darin ein Brief
des Pfarrers von Waldensberg, in dem zum Einen
drin steht, dass Johann Peter Härtel am 18.5.1848
in Breitenborn gestorben ist - mithin er nie
ausgewandert ist, vielleicht weil ihm der Tod
zuvor kam - und (Zitat) "daß ungefähr vor 12
Jahren ihre Kinder verlassen und sich heimlich
nach Nordamerika begeben habe" und "daß auch
niemand den Aufenthaltsort der Witwe Härtel in
Amerike wüßte, da dieselbe nie etwas von sich
hören ließ". Das Schreiben datiert vom 13.6.1870,
wurde also bereits für die erste Ehe von Peter
erstellt und dafür eventuell nicht benötigt. Das
heißt, dass die Auswanderung von Katharine um 1858
datiert werden muss.
Also: Johann Peter und alle vier Söhne waren
niemals in Amerika, obwohl sie 1846 ausgebürgert
wurden. Dafür aber sehr wohl Katharine, sie ist
aber nicht nachgekommen, sie ist abgehauen. Ob mit
einem neuen Partner wissen wir nicht.
Und da die Kinder zurück gelassen wurden - alle
noch keine 25 und somit minderjährig - müsste es
im sogenannten Orts-Hypotheken-Buch von
Breitenborn eine Vormundschafts-Angelegenheit für
diese geben. Und in der Tat findet sich diese mit
Datum vom 7.4.1858. Christian Walz wird als
Vormund ernannt - eine Schwester von Johann Peter
hat einen Walz geheiratet.
Im Ausbürgerungs-Register steht sie in der Liste
für das Jahr 1857 fast ganz hinten, ist also erst
spät in 1857 oder früh in 1858 in einem engen
Zeifenster ausgewandert. Die fragliche Schiffliste
mit "Cath Herdel" mit Ankunft im Dezember 1857
kann also sehr wohl die richtige sein.
Also, alles ist anders, aber eigentlich noch
spannender. Jetzt müssen wir nur noch im Gegensatz
zu ihren eigenen Kindern herausbekommen, wo sie
hin gegangen ist. Aber dazu können wir jetzt von
gesicherten Fakten ausgehen.
Uneheliche Tochter
Es gab in den Amtsbüchern für Breitenborn bzw. das
gesamte Amt Wächtersbach Hinweise auf eine
uneheliche Tochter von Katharine namens "Marie
Marianne" oder ähnlich aus dem Jahr 1851. Also
habe ich den Taufeintrag angefordert.
Tatsächlich gibt es diese. Das Mädchen ist im
Kirchenbuch als Maria Marianna Stumpf (nicht
Härtel!) eingetragen und am 18.6.1851 geboren.
Pate war eine Marianna Gunkel, Frau von Philipp
Gunkel. Der Vater wird nicht genannt. Der weitere
Verbleib des Mädchens ist gemäß der aktuellen
Aktenlage in Breitenborn ebenso wie bei ihren
Halbbrüdern Christian Friedrich und Wilhelm noch
unbekannt.
Dies beweist natürlich trotzdem, dass es nach dem
Tod von Johann Peter mindestens einen weiteren
Mann im Leben von Katharine gegeben hat.
Spuren in den USA?
Die Spuren-Suche in den USA beginnt beim
Auswanderungs-Schiff. Es gibt eine Schiffsliste
vom passenden Jahr 1857, in der eine "Cath Herdel"
erwähnt wird. Als Herkunft ist nur "Hesse" genannt
und das Alter ist 2 Jahre zu hoch. Aus dieser
Tatsache kann man nur schließen: Kann sie sein
oder auch nicht.
Also muss man sich die Mitreisenden ansehen. Es
könnte ja trotz des vermeintlich "heimlichen"
Verschwindens sein, dass Bekannte mitreisen. Das
wäre einerseits ein Indiz, dass es sich um die
richtige Katharine handelt, andererseits könnte
das sogar eine Spur auf den Verbleib in den USA
sein.
Es gibt zwei weitere Mitreisende aus "Hesse", die
sogar direkt vor Katharine stehen und zwar ein
Carl Farr und ein Adolph Weisgerber,
interessanterweise beide minderjährig.
Beide lassen sich durch einen Abgleich mit den
Auswanderer-Daten aus LAGIS und den Kirchenbüchern
gut identifizieren. Der eine Junge heißt mit
vollem Namen Carl Friedrich Farr und ist 1840 als
Sohn von Heinrich Farr und Elisabetha Weisgerber
in Gettenbach (einem Nachbarort von Breitenborn
geboren). Der andere Junge heißt mir vollem Namen
Ernst Heinrich Adolph Weisgerber und ist 1845
ebenfalls in Gettenbach, aber unehelich geboren
als Sohn von Anna Maria Weisgerber mit unbekanntem
Vater.
Beide Jungs haben also eine Mutter namens
Weisgerber, sind also vermutlich verwandt,
eventuell Cousins.
Bei der Suche nach dem Vater des einen Jungen,
Heinrich Farr findet man einen solchen in Amerika
und zwar in Elmhurst, Teil des Stadtteils Queens
von New York. Dort gibt es auch eine
deutsch-lutherische Kirche. In deren Kirchenbuch
findet man an 15.8.1858 die Heirat von Heinrich
Farr mit Catharina Hüttenroth. Heinrich Farr ist
laut diesem Eintrag am 25.6.1820 geboren, seine
Frau am 13.8.1831. Als Herkunft ist bei Heinrich
Farr nur Kurhessen angegeben, bei seiner Frau
Hessen-Darmstadt.
Beide werden aber am 30.5.1862 auch Eltern eines
Sohnes Heinrich Peter Farr, der nach der
(Not-?)Taufe verstarb. Dort ist als Herkunft von
Heinrich Farr Leisenwald angegeben, ebenfalls ein
Nachbarort von Breitenborn (seine Frau stammt
angeblich aus "Oberhaßlach" in Hessen-Darmstadt,
einen solchen Ort gibt es aber nicht). Patin des
Kindes ist eine "Katharina Groß"...
Interessant ist nun, dass Johann Peters Bruder
Johannes Härtel eine Margarethe Farr geheiratet
hat, die auch aus Leisenwald stammt!
Es gibt also mögliche familiäre Zusammenhänge
zwischen allen drei Personen.
Leider aber hat unsere Katharine keine bislang
auffindbaren Spuren in Elmhurst hinterlassen und
auch die Familie Farr verschwindet nach 1862 dort
von der Bildfläche... Die interessante Spur ist
also vorerst eine Sackgasse.
Noch mal DNA
Nachdem klar war, dass die ganze Familie nicht im
Jahre 1846 ausgewandert war, hatte ich zunächst
den Gedanken, dass der amerikanische William
Hertel unser verschwundener Wilhelm sein könnte
verworfen - zumal eben auch das Geburtsdatum nicht
ganz passt.
Nun hat aber der Cousin meines Vaters, mit dem ich
zusammen meine Recherchen betreibe, auch einen
DNA-Test gemacht. Interessant daran sind nun die
gemeinsamen Matches. Denn wenn jemand mit uns
beiden matcht, kann er nicht über meine
mütterliche Seite verwandt sein und noch nicht
einmal über meine Großmutter väterlicherseits, er
muss mit der Härtel-Linie ab Martin Härtel samt
Nebenlinien ab dessen Frau verwandt sein.
Es gibt genau vier Shared Matches in den USA, die
sowohl mit dem Cousin meines Vaters wie auch mit
mir verwandt sind, darunter auch der bereits oben
zitierte Gerard Hertel. Eins jedoch ohne
hinterlegtem Stammbaum.
Ich habe dann begonnen, auf Ancestry eine
Nachfahrenliste für den amerikanischen William
Hertel zu erstellen. In dieser ist es mir
gelungen, alle drei Matches mit Stammbaum wieder
zu finden und die genaue Abstammung von William.
Es gibt also keinen Zweifel mehr: William Hertel
ist mein Ururgroßonkel Wilhelm Härtel. Damit haben
wir einen realen Auswanderer in den USA in der
Familie samt üppiger Nachkommensliste gefunden.
Und man mag nun spekulieren, ob Wilhelm wusste, wo
seine Mutter Katharine in Amerika steckte...
Besuch im Staatsarchiv Marburg
Als
nächstes war ich im Staatsarchiv in Marburg
und habe endlich alle Zweitschriften der
Kirchenbücher von Breitenborn, von denen die
Erstschriften verbrannt sind, durchsehen
können. Dass diese anders als früher einmal
behauptet doch noch existieren, weiß ich ja
auch erst seit einiger Zeit.
Wie
jedes mal gab es neue Überraschungen und
diesmal vielleicht sogar einen mutmaßlichen
Game-Changer!
-
Es
gibt nur einen Wilhelm Härtel in
Breitenborn, sprich es ist kein weiterer
naher Verwandter gleichen Namens
aufgetaucht, der meine amerikanischen
Matches erklären könnte. William Hertel
aus den USA ist somit ganz sicher mein
Ururgroßonkel.
-
Der
bislang unbekannte Verbleib unseres
weiteren Ururgroßonkels Christian
Friedrich Härtel *1836, ist auch geklärt.
Er starb schon 1856... im
Arbeitsstraflager... Was auch immer er
angestellt hat, das wäre auch noch zu
klären.
-
Ein
Tod des unehelichen Kindes von Katharine
von 1851, Maria Marianna Stumpf, ist in
Breitenbon nicht verzeichnet.
-
Es
gibt ein fünftes eheliches Kind von Johann
Peter Härtel und Katharine Stumpf, noch
ein Johannes, *1839, +1842. Er wurde also
nur drei Jahre alt. Und da unset
Ururgroßvater Johannes Härtel erst 1843
geboren ist, war der Name da wieder
"frei".
-
Aber
damit nicht genug: Es gibt noch ein
zweites und ein drittes uneheliches Kind
von Katharine Stumpf von nach dem Tod von
Johann Peter Härtel, Zwillinge von 1857,
beide nur Tage nach der Geburt verstorben,
ein Johannes Stumpf und ein ungetauftes
Mädchen. Und im Gegensatz zur Maria
Marianna hat sich diesmal jemand zur
Vaterschaft bekannt und zwar ein gewisser
Konrad Trebing.
Also,
es ist wieder alles ganz anders. Der Liebhaber
von Katharine ist bekannt und man kann davon
ausgehen, dass beide mehr oder weniger
zusammen nach Amerika gingen und dort auch
geheiratet haben, was dann auch erklärt, dass
wir keine Katharine Härtel oder Stumpf finden.
Und wenn 1857 noch Kinder in Deutschland auf
die Welt kommen, kann es gut sein, dass es in
Amerika noch weitere gab. Und die Maria
Marianna, die ja 1857 erst 6 Jahre alt war und
von der man keine Spuren in Breitenborn mehr
findet, werden sie wohl mitgenommen haben.
Eine
solche Familie müsste sich ja finden lassen.
Oder auch deren DNA...
Mittlerweile sind also 8 Kinder von Katharine
bekannt! Zählen wir sie noch mal auf:
- Christian Friedrich Härtel: * 13.9.1836
Breitenborn, + 26.7.1856 Zwangsarbeitshaus
Ziegenhain
- Peter Härtel: * 19.10.1837 Breitenborn, +
unbekannt, wahrscheinlich in Dorstadt
- Johannes Härtel: * 16.6.1839 Breitenborn,
+ 29.9.1842 Breitenborn
- Johannes Härtel: * 20.11.1843 Breitenborn,
+ 8.11.1903 Schneppenhausen
- Wilhelm Härtel: * 15.12.1845 Breitenborn,
+ 1.11.1924 Honesdale, Wayne County,
Pennsylvania
- Maria Marianna Stumpf: * 18.6.1851
Breitenborn, + unbekannt, möglicherweise USA
- Johannes Stumpf: * 26.6.1857 Breitenborn,
+ 11.7.1857 Breitenborn
- ungetauftes Mädchen: * 26.6.1857
Breitenborn, + 6.7.1857 Breitenborn
Höhen und Tiefen sowie neue Überraschungen
Leider währte die Freude über den Fund des
Liebhabers nur wenige Tage. Konrad Trebing ließ
sich einfach finden, denn er ist am 28.6.1885 in
Breitenborn verstorben. Katharine hat also bei
ihrem Verschwinden 1857 auch ihren Liebhaber
verlassen - warum auch immer. Er ist also
wahrscheinlich keine Spur zu Katharine's
Auffindung.
Seltsamerweise ist ebenfalls 1857 ein gewisser
Johannes Trebing verschwunden. Ob das im
Zusammenhang mit Katharine steht ist noch
unbekannt.
Da wie gesagt Maria Marianna in Breitenborn
nicht mehr auffindbar war, sie aber auch nicht
jung gestorben zu sein schien war es nun mehr
interessant, sie zu suchen.
Und ich konnte sie tatsächlich finden - in
Roth, einem Nachbardorf von Breitenborn. Sie ist
also die einzige Person in der ganzen Familie,
die in ihrer Heimatregion geblieben ist! Sie
heiratet am 9.2.1873 einen Johannes Kruse und
hatte vier Kinder und acht Enkel, die sich über
die Kirchenbücher finden lassen (möglicherweise
noch mehr, da wir in die Regionen kommen, wo die
Daten nicht mehr veröffentlicht werden dürfen,
weil zu neu). Sie dürfte mit großer Sicherheit
noch lebende Nachkommen haben! Verstorben ist
sie am 18.3.1920 in Roth.
Interessanterweise wird sowohl in ihrem
Heiratseintrag wie bei der Geburt ihrer ersten
Kinder auch Konrad Trebing als ihr unehelicher
Vater genannt, was ja in ihrem Geburtseintrag in
Breitenborn eben nicht der Fall war. Es handelt
sich also offensichtlich um einen langjährigen
Liebhaber. Um so unverständlicher ist, warum
Katharine auch ihn 1857 sitzen lässt.
Da Maria Mariannas Heirat ja nun bekannt war,
konnte auch ihr Ehe-Protokoll im Justizamt
Gelnhausen aufgefunden werden. Dort ist die Rede
davon, dass eine "Dispensation des Konsens der
Mutter der Braut" erwirkt und abgegeben wurde
(also sie aufgrund der besonderen Umstände davon
befreit wurde, das Einverständnis ihrer Mutter
zur Ehe einzubringen). Diese ist allerdings
nicht in der Ehe-Akte im Justizamt enthalten.
Sie hatte also dieselben Probleme wie ihre
Halbbrüder Johannes und Peter, da die Mutter
nicht sicher verstorben, aber eben auch nicht
"greifbar" war. Die Pfarrakten von Peter liegen
ja gemäß Auskunft der Landeskirche in
Braunschweig vor, das ist der oben erwähnte
Brief des Pfarrers, der von Katharines
Verschwinden berichtet. Die Pfarrakten von
Johannes sind laut Landeskirche Hessen-Nassau in
der Darmstädter Brandnacht verbrannt. Die
Pfarrakten von Maria Marianna habe ich bei der
Landeskirche Kurhessen-Waldeck angefordert. Sie
werden sicherlich keine Information über das
Verbleiben von Katharine enthalten,
möglicherweise aber neue Teile für das
vorliegende Puzzle-Spiel...
Wieder die DNA und die Paten von Katharine
Nachdem ich die Ancestry-Pro-Tools gebucht
hatte, wurden mir mehr Shared Matches mit dem
Cousin meines Vaters angezeigt. Die meisten
waren mir schon anderweitig aufgefallen. Das
alleruntereste Match fiel mir aber ins Auge:
Eine gewisse Nancy Smith, geborene Knickel aus
Ohio. Die hatte ich vorher nicht beachtet.
Da das ein Shared Match mit dem Cousin meines
Vaters war konnte das nur aus der Härtel-Linie
oder einer der Seitenlinien stammen. Es passte
aber nicht zu den Härtels selbst. Dafür deuteten
einige Orte aus dem Stammbaum der Nancy auf
Zusammenhänge mit Katharine hin, deren Mutter ja
aus Hain-Gründau, also von der
Hessen-Darmstädter Seite der nahen Grenze kam.
Die Knickel selber stammen ursprünglich aus
Wiedermus (was wohl für Altwiedermus steht). Es
gibt aber noch andere Familien aus der Gegend,
die meisten aus Hüttengesäß, die irgendwie alle
mehr oder weniger gleichzeitig ausgewandert sind
und einige Zeit in Amerika untereinander
geheiratet haben.
Also habe ich tagelang drüber nachgedacht, wo
der Zusammenhang liegen könnte. Vielleicht liegt
er sogar weit genug zurück, um nicht mehr
nachweisbar zu sein. Vielleicht auch weit genug,
damit die Familien sich nicht mehr kannten.
Dann dachte ich mir, wenn ich im Stammbaum keine
richtige Idee habe, schaust Du Dir doch mal die
ganzen Taufeinträge an, wenn da eine der
Familien aus dem Stammbaum des Matches
auftaucht, hast Du ja eine Idee, in welchem
Zweig der Zusammenhang besteht.
Ich habe zum Glück mit Katharine selbst
angefangen. Und siehe da, zu meinem Erstaunen,
Patin ist: "Catharina Dorothea, Tochter des
Unterthanen Philipp Knickel aus Wiedermus". Dem
hatte ich damals beim Fund von Katharine keine
Bedeutung zugemessen und es auch vergessen.
Das war möglicherweise etwas weitläufigere
Verwandtschaft, dass es welche war, beweist die
DNA. Aber es war auch Bekanntschaft. Eventuell
sogar mehr als das unter Betrachtung dessen,
dass Katharine als Kind zur Vollwaisen wurde.
Oft wurden die Paten zu Zieheltern. Leider
konnte noch nicht eruiert werden, wer die
Vormundschaft über Katharine tatsächlich bekam.
Ist Katharine also zu ihren Bekannten im Marion
County in Ohio gestoßen? Zumindest ist dies die
erste konkrete mögliche Spur.
Konrad Trebing und seine Rolle
Es verwundert, dass Katharine 1857 Zwillinge
von Konrad Trebing bekommen hat und wenige
Monate später ihn in Breitenborn zurück gelassen
hat.
Um das Bild von Konrad Trebing abzurunden, habe
ich also Einsicht in eine Akte im Staatsarchiv
Marburg genommen, in dem Konrad Trebing und der
Witwe des Philipp Stübing im Jahre 1857 (also
zwischen Maria Marianne und den Zwillingen!)
"Kindesaussetzung" vorgeworfen wird.
In der Akte verwickeln sich die beiden
Angeklagten in verschiedene Widersprüche, werden
letztlich aber doch freigesprochen. Dabei kommt
auch raus, dass das betroffene Kind
wahrscheinlich von Konrad Trebing gezeugt wurde.
Die Akte lässt einen relativ ratlos zurück. Man
kann aber nicht ausschließen, dass Konrad
Trebing nicht wirklich ein Liebhaber von
Katharine war, sondern man traut ihm eher zu,
dass er sie erpresst hat. Beweisen kann man das
natürlich nicht. Aber es würde die "Flucht" von
Katharine samt Zurücklassen von Konrad erklären.
Vormund von Katharine und noch mal eine Spur
nach Amerika
Katharine ist mit 7 Jahren bereits Vollwaise
geworden. Es stellt sich die Frage, wo sie
aufgewachsen ist. In Niedergründau, wo sie
geboren wurde, wurde sie jedenfalls nicht um
1831 herum konfirmiert, im ganzen Amt Meerholz
nicht, denn dort existieren in allen Orten die
Konfirmationsbücher und dort steht sie nicht
drin.
Der Hinweis über ihren Vormund und somit auch
mutmaßlichen Ziehvater fand sich dann
überaschend in einer bislang nicht beachteten
Anlage zum Ehe-Protokoll von Katharine und ihrem
Johann Peter. Es handelt sich um einen gewissen
Heinrich Betz, zum Zeitpunkt ihrer Heirat
Bürgermeister von Hain-Gründau. Katharines
Mutter war eine geborene Betz, also handelt es
sich um mütterliche Verwandtschaft von ihr.
Spannend an der Sache ist aber nicht nur, dass
Hain-Gründau im Gegensatz zu Niedergründau und
Breitenborn schon im Großherzogtum Hessen und
nicht in Kurhessen lag, sondern auch, dass dort
die Gemeinde einen Holzeinschlag im Gemeindewald
durchgeführt hat, um vom Erlös 120 Einwohnern
des Ortes die Auswanderung nach Amerika, genauer
nach Baltimore in Maryland, zu ermöglichen. Das
ganze begab sich zwischen 1852 und 1860, also zu
"passender" Zeit und Katharine hatte
"Connections". Und es gibt eine Akte im
Staatsarchiv Darmstadt darüber. Die habe ich
angefordert.
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